Es ist für die unterschiedlichsten Menschen interessant einen Bildungsbrief zu gestalten oder zu lesen. Hier findest du Infos darüber, was Schülerïnnen, Lehrerïnnen, Eltern und Unternehmerïnnen mit dem Bildungsbrief so alles machen können.
Die Dimensionen sind:
Lebensphasen | Lebensanfang ~ Orientierung in der Berufswelt/Studium |
Orientierung in der Berufswelt/Studium ~ Etablierung in der Berufswelt |
Etablierung in der Berufswelt ~ Lebensende |
Der innere Bildungsbrief | Lernetappen und Initiationen werden von außen begleitet, im Inneren wahrgenommen und nach außen für den Übergang in die nächste Lebensphase in eine Darstellungsform gebracht. (z.B. Portfolio, Buch, Film, Werkstück etc.) | Wer bin ich, wie will ich leben, wie geht Beziehung, wie versorge ich mich, was will ich lernen? Der innere Bildungsbrief unterscheidet sich zunehmend von dem daraus resultierenden äußeren Bildungsbrief. | Relfexion der eigenen Lernbiografie, Gestaltung zukünftiger persönlicher Bildungsziele |
Der äußere Bildungsbrief | Der äußere Bildungsbrief wird gezielt für Bewerbungssituationen in passender Form verfasst. | Inhalte aus der eigenen „Lerndatenbank“ des inneren Bildungsbriefes werden situativ gewählt und in eine geeignete Form für Bewerbungen o.Ä. gebracht. | |
Die Basis |
1. Ziele setzen
2. Mentor*innen finden
3. Selbstreflexion & Selbstbewertung
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Es gibt viele Gelegenheiten, sich anderen zeigen zu wollen: Ein Vortrag, ein Seminar, ein Verein, in dem du aktiv werden möchtest…
Die wichtigste Situation für die meisten ist jedoch vermutlich die Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz, eine Lehrstelle, einen Studienplatz oder eine Anstellung.
Du präsentierst deinen Bildungsbrief (bzw. einen Auszug davon) nach außen, damit sich dein Gegenüber ein Bild von dir machen kann. Deshalb ist es wichtig, den Brief zu ,übersetzen’ von deiner Sprache in die Sprache des Gegenübers.
Im Grunde zeigst du dich ja schon während des Schreib- bzw. Entwicklungsprozesses deinen Lehrer:innen, Mitschüler:innen und anderen Mitmenschen. Wenn du dann etwas Neuem begegnest, kannst du deinen bis dahin entstandenen Bildungsbrief nutzen, dich zu zeigen.
Der Bildungsbrief kann viel mehr, als nur Grundlage für eine Bewerbung sein. DU findest darin deinen Ausdruck, beschreibst dich selbst. Und dabei kannst du Seiten von dir zu fassen bekommen, die dir sonst entwischt wären. Dieses Wissen hilft dir, dein Wachstumspotenzial zu erkennen und dich weiterzuentwickeln.
Wenn du dir Ziele gesetzt hast, wenn du deine Träume verfolgen willst, so kann die mit dem Bildungsbrief verbundene Selbstreflexion helfen, diese abzuchecken und Klarheit und Orientierung zu gewinnen. Dazu kannst du dir auch Unterstützung und Feedback holen.
Und plötzlich merkst du, dass dir niemand etwas vorschreibt und du selbst für deine Entwicklung zuständig bist! Das kann befreiend, aber auch fremd oder unangenehm sein. Es können Widerstände auftauchen oder du fühlst dich vielleicht orientierungslos. Oder du denkst, dass du nicht bereit bist für die Anstrengung, ohne einen Druck von außen.
Vielleicht gelingt es dir, diese Hürden zu schätzen und gleichzeitig Vertrauen in dich und das Leben zu haben. Vielleicht gelingt es dir, einen Flow zu finden oder einen inneren Ort der Leichtigkeit und Freude, aus dem heraus du kreativ werden kannst. An diesem Ort kannst du dich sogar auf die Suche nach dem Sinn deines eigenen Daseins auf dieser Welt machen. Wozu bist du eigentlich hier? Was will durch dich ins Leben gebracht werden? Wie kannst du als Puzzleteil der Menschheit deine Potentiale einbringen?
Zu finden, was dich – hier und jetzt – erfüllt, ist großartig und eine wunderbare Grundlage für deinen Bildungsbrief. Und der Brief wird dich immer wieder daran erinnern, inne zu halten und nach innen zu lauschen, um dich selbst besser kennen zu lernen.
Wenn du deinen Bildungsbrief entwirfst, dann gehst du einen Weg, den niemand vor dir beschritten hat. Als Pionier begehst du Neuland, sowohl für dich, als auch für andere. Und zugleich bist du dabei nicht allein. Es kann für dich zu einer echten Bereicherung werden, das zu teilen, was du über dich entdeckt hast.
Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass du im Gespräch mit anderen sowohl Bestätigung, als auch ergänzende Perspektiven erhältst oder dir Aspekte aufgezeigt werden, die für dich vielleicht selbstverständlich waren, anderen aber wichtig erscheinen.
Ganz nebenbei kann die Beschäftigung mit deinem Bildungsbrief auch andere Herzen und Hirne inspirieren. Vielleicht bekommen diese dann ebenfalls Lust, ihr Leben mit den eigenen Augen neu zu sehen und fangen selbst an, sich einen eigenen Bildungsbrief zu komponieren.
Als Schülerïn hast du unterschiedlich intensive Möglichkeiten, dich auf deinen Bildungsbrief einzulassen. Du bestimmst es selbst und kannst dich jederzeit neu entscheiden: deine Zeit, deine Intensität des inneren Einlassens, deine eingesetzte Kraft, deine Art, dich damit zu zeigen …
Hierbei machst du weiter Schule wie immer und strebst auch weiterhin den vorgegebenen Abschluss an. Parallel dazu beginnst du deinen Bildungsbrief. Dafür wählst du eine Form, die dir liegt: Das kann z.B. eine Art Tagebuch sein, ein Portfolio oder auch ein Kunstwerk – egal in welchem Medium. Du machst ein Dokument für dich!
Wenn du dann mit der Schule fertig bist, kann du dich auf die übliche Weise und zusätzlich mit deinem Bildungsbrief bewerben. So kannst du genau auf die Interessen deines Gegenübers eingehen, denn einige Unternehmen zeigen jetzt schon Interesse an aussagekräftigeren Bewerbungen und schreiben auf ihren Webseiten: „Zeugnisse interessieren uns nicht“
Hierbei machst du den Bildungsbrief zunächst mal ganz für dich! Der Bewerbungsaspekt oder Abschluss rücken dabei in den Hintergrund. Hier übernimmst du den Lead in einem Forschungsraum, der ,Ich’ heißt.
Du interessiert dich dafür, dich selbst zu erkennen und zu verstehen – Wer bin ich und was sind meine Potentiale? Wie verändere ich mich und wie verändert sich meine Sicht auf die Dinge oder die Welt? Wie lerne ich und komme zu neuen Erkenntnissen? …
Da du – wie jeder Mensch – unglaublich vielschichtig bist, kannst du dich so besser auf die Dinge konzentrieren, die dir selbst gerade besonders wichtig erscheinen. Dafür kreierst du eine eigene Form z.B. ein großes Plakat, ein Tagebuch, eine Seite im Netz mit Hypertexten; oder du interviewst Menschen, die dich kennen – vielleicht sogar deine ,Feinde’! Manchmal geben ja ,Abwertungen’ oder Ablehnung (von ihrer emotionaler Ladung befreit) mehr wertvolle Infos als eine ,du bist nett’-Aussage.
Diese dritte Möglichkeit nimmt Schule radikal ernst, denn sie ist ein Ort, an dem du die Chance hast, etwas Wertvolles zu lernen. Wenn du erkennst, was für DICH wertvoll oder nützlich ist – egal ob Schulstoff oder nicht – dann nimm die Verantwortung dafür in die Hand und fordere es ein!
Wir haben eine Schulpflicht und vor allem haben wir ein RECHT auf Schule! Es gibt keine Vorschrift, die nur die offiziellen Abschlüsse erlaubt. Du kannst deinen eigenen Abschluss machen! Einen Abschluss, der deine Schulzeit so abschließt, wie es deinen Interessen, Neigungen oder deiner Einzigartigkeit entspricht.
Du kannst dich mit deinen Lehrer/innen, Lernbegleiter/innen, Bildungsbrief-Begleiter/innen, anderen Menschen oder einfach mit dir selbst auf den Weg machen und deinen persönlichen Bildungsbrief erstellen. Und vielleicht stellst du dabei fest, dass für dich dran ist, statt Deutsch zu pauken, z.B. ein Theaterstück zu schreiben, um deine Ziele zu erreichen und deine Potentiale zu entwickeln. Und dann bittest du Lehrer/innen oder andere, das zu lesen und dir dazu Rückmeldung zu geben. (Am Besten, du findest dabei gleich mit heraus, welche Art von Feedback du für was brauchst.)
Was wir dir hier aufzeigen, liegt in deiner Verantwortung. Niemand kann dir garantieren, dass es funktioniert – so wie dir niemand garantieren kann, dass der dir bisher bekannte Weg für dich funktioniert.
Womöglich interessiert das Normierte und der bisherige Prüfungsweg zukünftige Weiterbildner/innen auch weniger, als deine passgenaue Kreativität! … krasse Vorstellung!
Mit den unterschiedlichen Möglichkeiten des Bildungsbriefes werden sich auch für dich neue Wege auftun. Entscheiden sich deine Schüler*innen für einen Bildungsbrief, dann lernt ihr gleichermaßen. Denn auch du wirst damit Neuland betreten.
Unterstützend kann es sein, dich mit anderen Bildungsbriefbegleiter*innen zu vernetzen. Du erhältst mit dem Bildungsbrief eine Einladung, deine Tätigkeit als Lehrer*in von einer neuen Perspektive aus kennenzulernen. Und das kann für deine Tätigkeit beides bedeuten: Entspannung und Herausforderung.
Du brauchst Schüler*innen, die sich auf den Weg des Bildungsbriefes einlassen, nicht mehr zu motivieren oder zu aktivieren. Das übernehmen sie selbst. Du brauchst sie auch im herkömmlichen Sinne nicht zu prüfen und zu bewerten. Auch das machen sie weitgehend selbst. Du brauchst auch ihren Unterricht nicht mehr in der alten Weise zu planen oder vorzubereiten, denn du ,unterrichtest’ sie nicht mehr.
Du begleitest.
Dabei entspannt sich deine Verantwortung für Lerninhalte, die im Lehrplan stehen oder für Noten, die womöglich über ein ,Ach und Weh’ in Zukunft entscheiden.
Was deine Schüler*innen jetzt brauchen, ist das, wofür du wahrscheinlich ohnehin angetreten bist: Begleitung und Unterstützung.
Neu wird es sein, ihnen deine wohlwollende Unterstützung zu geben – egal wie merkwürdig oder irrsinnig dir deren Weg erscheint. Denn um das zu entscheiden, musst du dich selbst mit vielen neuen Dingen beschäftigen.
Deine Schüler*innen brauchen dich jetzt mehr als Resonanzraum, als weises oder ratgebendes Gegenüber. Das fordert von dir, eine innere Haltung zu haben, die dich befähigt, mit ihnen und ihrem selbstgewählten Lernen mitgehen zu können.
Deine Herausforderung wird sein: Auf alles gefasst zu sein und eine reichhaltige Umgebung zu schaffen, die inspirierend ist und unterschiedlichste Wege ermöglicht – auch solche, von denen du bisher gar nicht wusstest, dass sie existieren.
Gehe mit deinen Schüler*innen in Verbindung und übe dich in professioneller Nähe! Sie werden sich für ihren Weg entscheiden und dennoch trägst du weiterhin die Verantwortung, die du als Lehrerin hast.
Wenn dein Kind sich entscheidet, einen Teil seiner Zeit auf das Verfassen eines eigenen Bildungsbriefes zu verwenden, dann könnte das für dich zunächst irritierend sein, vielleicht aber auch inspirierend auf dich wirken.
Du kannst den Prozess bezeugen, interessiert beobachten oder Anteil nehmen und den Weg deines Kindes begleiten. Wenn es seine eigenen Lernziele erreichen will, hast du die Möglichkeit, Raum für sein Selbstvertrauen zu halten. Und wenn du gefragt wirst, dann gehe in Resonanz oder gib Rat.
Mit größerer Wahrscheinlichkeit wird dich der Weg deines Kindes mit deiner eigenen Lernbiographie konfrontieren. Das kann schmerzlich sein und am Ende befreiend. Womöglich wirst du mit der Begleitung deines Kindes selbst noch Neues über deine Eigenverantwortlichkeit lernen. Vielleicht lernst du dich dabei genauso neu kennen wie dein Kind (und wenn du Lust hast, wirst du vielleicht deinen eigenen Bildungsbrief schreiben).
Wie wäre es, wenn ihr die ,landläufigen’ Sorgen um gute Schulnoten entweder fallen lassen könntet durch mutiges Fragen, geduldiges Zuhören und feines Beobachten – oder sie einen anderen Platz auf der Liste der Prioritäten in Eurer Beziehung bekommen?
Dein Kind kann sich bei uns einen Begleiter/eine Begleiterin suchen. Dieser/diese ist auch für euch Ansprechpartner/Ansprechpartnerin für alle Fragen rund um den Bildungsbrief: u.a. zur rechtlichen Situation, Möglichkeiten und Herausforderungen oder wie du deinem Kind konkret helfen kannst.
Wenn sich jemand bei dir mit einem Bildungsbrief bewirbt, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass du es mit einem Menschen zu tun hast, der* sein eigenes Leben in die Hand nehmen will und bereits nimmt.
Es handelt sich um jemanden, der* sich intensiv mit sich selbst, seinen* Skills und dem, was er* zu geben hat, auseinandergesetzt hat. Jemand, der* bereit ist, Eigeninitiative zu zeigen, sich selbst zu vertrauen und Mut hat, neue Wege zu beschreiten.
Vermutlich ist dieser Mensch in der Lage, unverstellter und authentischer mit dir in Beziehung gehen zu können, da er* eine persönliche Integrität entwickelt hat. Er* wird wissen, was er* will, und sich nur dorthin bewerben, wo es wirklich passt. Das gibt dir als Entscheider* die Freiheit, eure Begegnung entsprechend zu gestalten, um herauszufinden, ob ihr zueinander passt.
Und vielleicht merkt ihr in Eurer Unterhaltung auch, dass etwas ganz anderes daraus werden will als die Vergabe einer Lehrstelle oder eines Studienplatzes…
Du brauchst nur etwas Feingefühl und eine gewisse Intuition, um herauszufinden, wer vor dir sitzt. Es ist also auch für dich als Entscheider* ein gutes Lernfeld, nicht auf Fremdbewertungen zu setzen, sondern deinem eigenen Gespür für den Prozess und deinen formulierten Zielen zu vertrauen.